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Die Ausstellung "LeibEigenschaften" die Bremer Stadtmusikanten

LeibEigenschaften
Der »beschädigte« Körper im Blick der Vormoderne
Ausstellung vom 1. März bis zum 30. April im Haus der Wissenschaft

Die Stadtmusikanten im Fokus
Am 1. März wird die Ausstellung "LeibEigenschaften" eröffnet, in der es um körperliche Beeinträchtigung bzw. Behinderung geht. Im Vorfeld wird eine kleine Gruppe von Studierenden der Hochschule für Künste sowie von weiteren Mitwirkenden des Ausstellungsteams in einer kurzen, nur einige Minuten dauernden Aktion die Tiere der Skulptur "Bremer Stadtmusikanten" mit bunten Bandagen als "beeinträchtigt" kennzeichnen, um auf die Ausstellung aufmerksam zu machen.

Bekanntlich handelte es sich bei den Stadtmusikanten um alte Tiere, die wegen ihrer angeblichen Arbeitsuntauglichkeit verstoßen wurden und einen Platz für sich suchten. Sie eignen sich somit ideal, um über Fragen der gesellschaftlichen Ausgrenzung oder Inklusion zu sprechen, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen.

Die Aktion ist geplant für den 29. Februar um 16 Uhr. Die Stadtmusikanten werden kurz mit Stoffbinden an den Gliedmaßen oder über den Augen bedeckt und dann sogleich "freigelassen".

'LeibEigenschaft' und die Stadtmusikanten...

Die Ausstellung "LeibEigenschaften"

Ein mit den Füßen schreibender, armloser Stadtschreiber, eine Wahnsinnige in Ketten, ein auf wundersamer Weise geheilter Blinder und ein bewegungsunfähiger Tischler, der in seinem Bett vor einer Kirche ausgestellt wird, um Almosen zu erhalten ? die Ausstellung "LeibEigenschaften. Der »beschädigte« Körper im Blick der Vormoderne" greift die Geschichten dieser Menschen auf. Als Bilder und Erzählungen werfen sie Schlaglichter auf eine Epoche, die sogenannte Vormoderne zwischen etwa 500 und 1800, in der die europäische Gesellschaft vielfach anders mit Menschen und ihren körperlichen und psychischen Auffälligkeiten umgegangen ist als die heutige. Zugleich weisen damalige Denk- und Verhaltensweisen durchaus auch Ähnlichkeiten mit heutigen Verhältnissen auf. Damals nicht anders als heute waren Menschen in ihrem Gemeinwesen angesichts eigener und fremder Unterschiede, Beeinträchtigung oder Behinderung vor Fragen gestellt, wie gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion zu bewerkstelligen sind. So werden die Besucher der Ausstellung durch den Blick auf die Vergangenheit mit heutigen und künftigen Herausforderungen konfrontiert.

Die Ausstellung präsentiert erste Ergebnisse laufender Forschungen an der Universität Bremen. Dort erkundet die interdisziplinäre Gruppe "Homo debilis", zu der sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler historisch arbeitender Fächer wie der Geschichtswissenschaft, der Archäologie und der Anthropologie sowie der Kunst- und Literaturgeschichte zusammengeschlossen haben, die Lebensumstände von Menschen, die man aus heutiger Sicht als auffällig, beeinträchtigt oder behindert bezeichnen würde.

Im Haus der Wissenschaft werden die Ausstellungsinhalte in ungewohnten und überraschenden Formen so inszeniert, dass sie für Besucher aller Altersgruppen mit und ohne "handicaps" zugänglich sind. Zum ersten Mal wird in Bremen eine Ausstellung gezeigt, die sich in umfassender Weise um Barrierefreiheit bemüht und zugleich nach dem Motto "Design für alle" das Prinzip Barrierefreiheit auf kreative Weise zum Gestaltungsgrundsatz macht. Dementsprechend wird nicht nur dafür gesorgt, dass die Ausstellung auch mit Rollstühlen erfahren werden kann. Vielmehr sprechen Texte zum Lesen und zum Hören in mehreren Sprachen ? Standardsprache, Leichte Sprache, Gebärdensprache, vereinzelt auch Braille ? die Besucher an und informieren sie auf verschiedenen Wahrnehmungsebenen. Einige Objekte kann man anfassen und buchstäblich begreifen, wie zum Beispiel die dreidimensionale Nachbildung eines Gemäldes. Weitere Gegenstände, von der mittelalterlichen Brille bis zu Gehhilfen, wurden nachgebaut und können ausprobiert werden. Und einige Bilder sprechen über ein Soundsystem sogar unmittelbar zu den Betrachtern.

Am 1. März wird die Ausstellung um 17 Uhr eröffnet. Sie wird flankiert von öffentlichen Vorträgen in der Reihe "Wissen um 11" und von satirischen Führungen des Musikers, Kabarettisten und Schauspielers Pago Balke. Am 30. April beschließt eine Finissage mit einem Vortrag von Professor Annelie Keil und einer anschließenden Podiumsdiskussion die Laufzeit.

Führungen werden auf Anmeldung hin angeboten. Außerdem können behinderte Besucher einen Abholservice (unter 0421-218-69500) von der Straßenbahnhaltestelle Domsheide ins Haus der Wissenschaft nutzen.
Kontakt und weitere Informationen: www.leibeigenschaften.de

Die Ausstellung "LeibEigenschaften" die Bremer Stadtmusikanten